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Was sind Rohöllagerdaten?
Die Rohöllagerdaten geben eine genaue Übersicht darüber, wie viel Rohölvorräte in den Lagerstätten eines Landes vorhanden sind. In den USA erfolgt die Veröffentlichung dieser Daten jeden Mittwoch durch das Energieministerium der Vereinigten Staaten, die U.S. Energy Information Administration (EIA) und dem American Petroleum Institute (API) für den Stand vom Freitag der Vorwoche. Der Hauptsitz dieser Institutionen befindet sich in Washington. Der EIA-Rohöllagerbericht gilt dabei als aussagekräftiger, da Unternehmen gesetzlich verpflichtet sind, ihre Angaben an die EIA zu melden. Dabei überwacht das Energieministerium in Washington die Genauigkeit dieser Angaben. Im Gegensatz dazu basieren die API-Daten der Vorwoche auf freiwilligen Meldungen und sind nur für Abonnenten verfügbar.
Die Öllagerbestände umfassen nicht nur die Menge der Rohölbestände, die sich in den Lagerstätten befinden, sondern auch Informationen zu Benzin- und Destillatvorräten, die ebenfalls einen Einfluss auf die Ölpreisbildung und die Öllagerbestände haben, wobei die Daten bspw. mit dem Vortag oder Vorjahreszeitraum verglichen werden können:
Rohölvorräte: Die Zahlen der Rohölvorräte geben an, wie viel unraffiniertes Rohöl sich in den kommerziellen Lagerstätten, gemessen in Barrel, befindet.
Benzinbestände: Da Benzin das am häufigsten verwendete Endprodukt von Rohöl ist, liefern die Bestände in bspw. Liter wichtige Hinweise auf die Raffinerietätigkeit und die Verbrauchernachfrage.
Destillatvorräte: Destillate umfassen Produkte wie Diesel und Heizöl. Diese Bestände in Barrel sind besonders wichtig für die industrielle Nachfrage und den Transportsektor.
In Bezug auf Rohöl wird zudem zwischen zwei bedeutenden Benchmarks unterschieden, die häufig Anwendung finden:
UKOIL (UK Brent): UKOIL bezieht sich auf Brent Crude, ein bedeutendes Petroleum, das in der Nordsee gefördert wird und als UK Brent bzw. sogenannte “Nordseesorte” bekannt ist. Brent ist der globale Referenzpreis für Rohöl pro Barell in Dollar und wird häufig von Analysten im Rahmen ihrer Prognosen und Veröffentlichungen für europäische, afrikanische und asiatische Märkte verwendet. Die Nordseesorte ist dabei ein “leichtes” und “süßes” Rohöl, was bedeutet, dass es sich relativ gut zur Raffinierung in Kraftstoffe wie Benzin eignet.
USOIL (West Texas Intermediate – WTI): USOIL bezieht sich auf West Texas Intermediate (WTI), das in den USA, hauptsächlich in Texas, gefördert wird. Es ist ebenfalls ein leichtes und süßes Rohöl, das sich gut zur Raffinierung eignet. WTI ist der Benchmark für den US-amerikanischen Ölmarkt und beeinflusst den Preis von Öl pro Barrel in Dollar in Nordamerika, weswegen Analysten hauptsächlich auf diesen für ihre Veröffentlichungen und Prognosen zurückgreifen, wenn die USA analysiert wird.
Somit beziehen sich die Angaben der US-Rohöllagerdaten hauptsächlich auf USOIL (WTI), da diese Angaben den US-Markt direkt betreffen. UKOIL (Brent), auf das sich UK Brent bzw. die Nordseesorte bezieht, ist jedoch ebenfalls relevant, da globale Angebots- und Nachfragetrends durch die US-Lagerdaten beeinflusst werden und die Veränderungen der Preise von Brent und WTI oft miteinander verknüpft sind (ist auch der Grafik bezüglich der “Preisentwicklung der Rohölsorten” zu entnehmen). Während WTI mehr von den Produktions- und Lagerdaten in den USA beeinflusst wird, ist Brent globaler ausgerichtet und wird häufig von Analysten im Rahmen ihrer Prognosen als Standardpreis für Ölimporte pro Barrel nach Europa und Asien verwendet.
Die Bedeutung der Rohöllagerdaten
Die Öllagerbestände von Rohöl pro Barrel sind ein entsprechender Indikator für das globale Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, weswegen die regelmäßige Veröffentlichung der Daten oft zu kurzfristigen entsprechenden Marktbewegungen führt. Ein relatives Extrembeispiel aus der Praxis wäre dafür die COVID-19-Pandemie. So stiegen im Frühjahr 2020, zu Beginn von dieser, die Öllagerbestände und auch die Rohöllagerbestände in den USA um Millionen (Mio) drastisch an. Die Nachfrage nach Öl brach weltweit um Millionen (Mio) im Vergleich zu den Vortagen und den Wochen zuvor ein, da viele Länder Lockdowns verhängten und die Wirtschaft zum Stillstand kam. Dies führte zu einem historischen Einbruch der Ölpreise, wobei der Preis für US-Rohöl (WTI) pro Barrel zeitweise sogar negativ, also unter 0 Dollar pro Barrel, wurde. Es gab schlichtweg zu viele Millionen (Mio) von Fässer in den Öllagerbeständen, die niemand kaufen wollte, weswegen sich die Lagerbestände entsprechend schneller füllten, als sie abgebaut werden konnten. Dieses Überangebot erhöhte somit das Risiko für die gesamte Ölindustrie.
Steigende Lagerbestände
Wenn die Öllagerbestände steigen bzw. gestiegen sind, gibt es oft zwei mögliche Interpretationen für den Zuwachs:
Überproduktion: Es wird mehr Rohöl gefördert, als der Markt derzeit aufnehmen kann. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn Produzenten, trotz sinkender Nachfrage, weiter hohe Fördermengen aufrechterhalten. Ein Überangebot und ein damit einhergehenden Zuwachs drückt in der Regel die Preise, da das Ölangebot die Nachfrage übersteigt.
Nachfragerückgang: Ein Rückgang der Nachfrage kann aus verschiedenen Gründen resultieren, z. B. aus einer schwächeren Wirtschaftsleistung, der saisonalen Nachfrageschwankung (z. B. während der Sommer- und Wintermonate) oder aufgrund globaler Ereignisse wie einer Pandemie. Wenn weniger Öl konsumiert wird, sammeln sich die Vorräte in den Lagerstätten an, was ebenfalls zu sinkenden Preisen führen kann.
Sinkende Lagerbestände
Ein Rückgang der Rohöllagerbestände bzw. Öllagerbestände signalisiert, dass entweder weniger Öl produziert oder mehr Öl nachgefragt wird. Es gibt einige zentrale Gründe, warum die Lagerbestände sinken könnten:
Nachfrageanstieg: Ein zunehmender Energiebedarf, beispielsweise während einer wirtschaftlichen Expansion oder durch saisonale Faktoren (z. B. erhöhte Benzinnachfrage im Sommer), kann dazu führen, dass mehr Rohöl aus den Rohöllagerbeständen entnommen wird, was die Lagerbestände reduziert. Dies führt in der Regel auch ein Anstieg des Ölpreis pro Barrel es mit sich, da die Marktteilnehmer eine Verknappung des Angebots befürchten.
Angebotsrückgang: Kürzungen der Ölproduktion durch wichtige Ölexporteure (z. B. OPEC-Mitgliedstaaten) oder geopolitische Spannungen können das verfügbare Angebot auf dem Markt einschränken, was zudem auch als Risiko gelten kann. Dadurch wird weniger Öl in die Lagerstätten eingelagert, was ebenfalls die Preise steigen lässt, da der Markt auf ein knappes Angebot vorbereitet ist.
Einfluss von Benzin- und Destillatvorräten auf den Ölmarkt
Neben den Rohölbeständen spielen auch die Bestände von Benzin und Destillaten eine entscheidende Rolle bei der Preisbildung. Diese Angaben der Bestände geben nämlich wertvolle Hinweise auf die Raffinerieaktivitäten und die Endverbrauchernachfrage.
Benzinbestände
Benzin ist das am häufigsten nachgefragte Endprodukt von Rohöl, insbesondere in entwickelten Ländern wie den USA, wo der Straßenverkehr eine zentrale Rolle spielt. Wenn die Benzinbestände bspw. gegenüber dem Vortag, der Woche zuvor oder dem Vorjahreszeitraum gestiegen sind, deutet dies auf eine schwächere Verbrauchernachfrage oder auf eine erhöhte Produktion durch die Raffinerien hin. Höhere Benzinbestände können im Umkehrschluss auch Druck auf die Ölpreise pro Barrel ausüben, da sie signalisieren, dass weniger Rohöl benötigt wird, um die Raffinerien zu versorgen.
Umgekehrt können sinkende Benzinbestände ein Zeichen dafür sein, dass die Nachfrage nach Treibstoff stark ist, was wiederum die Raffinerien dazu zwingt, mehr Rohöl zu kaufen, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Dies kann die Ölpreise pro Barrel und die Benzinpreise pro Liter nach oben treiben.
Destillatvorräte
Destillate, wie Diesel und Heizöl, sind ebenfalls ein wichtiger Indikator für den Ölmarkt, da sie insbesondere in den Industrienationen und in den kälteren Monaten stark nachgefragt werden. Diesel wird in vielen Wirtschaftssektoren verwendet, von der Landwirtschaft bis zum Transport, während Heizöl in vielen Haushalten für die Beheizung verwendet wird.
Sinkende Destillatvorräte können auf eine starke wirtschaftliche Aktivität oder auf eine erhöhte Nachfrage in den Wintermonaten hinweisen. Dies führt häufig zu einer erhöhten Rohölnachfrage, da die Raffinerien ihre Destillatproduktion hochfahren, was ein Anstieg des Ölpreises pro Barrel mit sich bringen kann. Sind die Destillatvorräte hingegen gestiegen, deutet das auf eine schwächere Nachfrage hin, was die Rohölpreise pro Fass nach unten drücken kann.
Weitere Faktoren, die die Rohöllagerbestände beeinflussen
Insgesamt gibt es natürlich viele verschiedene Einflussfaktoren, die die Rohöllagerbestände generell bzw. speziell in den USA beeinflussen. Aus diesem Grund sind nachfolgend noch ein paar wesentliche Faktoren, unabhängig von grundlegenden Punkten wie der Produktion und Nachfrage, exemplarisch dargestellt:
Geopolitische Ereignisse: Konflikte, Sanktionen und politische Entscheidungen können das weltweite Angebot an Öl beeinflussen und somit die Lagerbestände in den USA verändern. Sanktionen gegen Länder wie dem Iran oder Russland können die globale Ölversorgung beeinträchtigen, während politische Instabilität in Förderregionen wie dem Nahen Osten zu Angebotsunterbrechungen führen kann. Diese Faktoren führen oft zu einer erhöhten Nachfrage nach Rohöl aus den USA und können die Lagerbestände schnell erschöpfen.
OPEC-Entscheidungen: Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) hat maßgeblichen Einfluss auf das globale Ölangebot. Durch die Festlegung von Förderquoten reguliert die OPEC die Ölproduktion ihrer Mitgliedstaaten. Produktionskürzungen können zu einem Angebotsengpass führen, was wiederum die Nachfrage nach US-Öl ansteigen lässt und die Lagerbestände verringert. Auf der anderen Seite führen Produktionsausweitungen zu einem Überangebot, was Druck auf die Lagerbestände und den Preis von Öl ausübt.
Fazit
Zusammenfassend sind die EIA-Rohöllagerdaten in den USA nicht nur ein wesentlicher Indikator für den Zustand des heimischen Ölmarktes bzw. der Öllagerbestände, sondern haben auch weitreichende Auswirkungen auf die globalen Preise von Öl in bspw. Dollar. Dadurch bieten diese Angaben der EIA Einblicke in das aktuelle Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage und helfen Marktteilnehmern dabei, zukünftige Entwicklungen zu antizipieren und einzuordnen. Das Verständnis dieser Daten ist daher unerlässlich, um einerseits den Ölmarkt effektiv zu analysieren und auf seine Schwankungen zu reagieren, aber auch relevant, um die Zusammenhänge und Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Prognosen zu verstehen.
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Benjamin Rose
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