Relative Strength Index (RSI)

Relative Strength Index (RSI)

Von Benjamin Rose

Der Relative Strength Index (RSI) ist ein Momentum-Oszillator, der die vergangene Geschwindigkeit und Veränderung von Preisbewegungen, durch mathematische Berechnungen auf der Grundlage von Kursdaten, über einen festgelegten Zeitraum misst. Der RSI bewegt sich dabei auf einer Skala von 0 bis 100 und wird typischerweise verwendet, um überkaufte oder überverkaufte Bedingungen auf einem Markt zu identifizieren. Dadurch haben Trader die Möglichkeit zusätzliche Informationen über die Kursbewegungen von verschiedenen Vermögenswerten wie zum Beispiel Wertpapieren bzw. Aktien in ihre Entscheidungen mit einzubeziehen. Doch wie funktioniert dies in der Praxis?

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Berechnung des RSI-Indikators

Entwickelt wurde der Relative Strength Index von John Welles Wilder Jr., einem amerikanischen Ingenieur und Immobilienentwickler, der sich später der technischen Marktanalyse zuwandte. Wilder stellte den RSI erstmals in seinem Buch „New Concepts in Technical Trading Systems“ im Jahr 1978 vor. Er entwarf den RSI ursprünglich, um Wendepunkte auf den Rohstoffmärkten zu identifizieren, jedoch stellte sich schnell heraus, dass dieser Indikator auf allen Märkten und somit bspw. auch für die Analyse eines Basiswerts/ Vermögenswerts, wie zum Beispiel Aktien, effektiv eingesetzt werden kann.

John Welles Wilder Jr. verwendete als Grundlage bei der Berechnung ursprünglich eine Periode von 14 Tagen als x-Wert bzw. Zeitrahmen – bei Wochencharts/Monatscharts wurden 14 Wochen/Monate als Periode für den Zeitrahmen verwendet. Dabei gilt insgesamt, dass der Oszillator umso empfindlicher und dessen Amplitude umso weiter wird, je kürzer der betrachtete Zeitraum ist. So liefert der RSI die besten Ergebnisse im Rahmen der Strategie und auch die höchsten Chancen auf Gewinn, wenn seine Fluktuationen die oberen und unteren Extreme erreichen. Durch die Anpassung des Betrachtungszeitraums kann der Oszillator so angepasst werden, dass dieser zu den eigenen Bedürfnissen passt. Ein kürzerer Betrachtungszeitraum erhöht dabei die Volatilität des RSI, während ein längerer Betrachtungszeitraum die Werte des RSI weiter glättet.

Um den RSI zu berechnen sind zwei Schritte notwendig. Zuerst wird die „Relative Stärke“ (RS) berechnet, indem die durchschnittlichen Kursgewinne gegen die durchschnittlichen Kursverluste in einem festgelegten Zeitraum ins Verhältnis gesetzt werden. Um den Durchschnittswert für die Tage mit positiver Kurstendenz zu erhalten, werden die gesamten Kursgewinne über den betrachteten Zeitraum an Tagen mit steigenden Kursen addiert und diese Summe anschließend durch den betrachteten Zeitraum geteilt. Um den Durchschnittswert für die Tage mit negativer Kurstendenz zu erhalten, werden die gesamten Kursverluste über den betrachteten Zeitraum an Tagen mit fallenden Kursen addiert und diese Summe anschließend durch den betrachteten Zeitraum geteilt. Der RS-Wert, der erhalten wurde, kann nun in die Formel zur Berechnung des RSI-Werts eingesetzt werden (die Berechnungen sind unten nochmal aufgeführt). Insgesamt ist der Begriff der „Relativen Stärke“ in diesem Zusammenhang allerdings ein wenig unglücklich gewählt, da hier nicht zwei Gegenstände miteinander ins Verhältnis gesetzt werden.

Im zweiten Schritt kann die Berechnung der Relativen Stärke genutzt werden, um den RSI zu berechnen. Die Formel ist so entstanden, da es bei der Berechnung zwei Hauptprobleme gab: Zum einen hat ein starker Kursanstieg oder Kursabfall in der Vergangenheit plötzliche Verschiebungen der Momentum-Linie mit sich gezogen – und das, obwohl der aktuelle Kurs sich nur marginal verändert hat. Zum anderen ist eine festgelegte Wertespanne notwendig, um die Vergleichbarkeit der Werte zu gewährleisten. Durch die Formel zur Berechnung des RSI ist deswegen sowohl eine Glättung im Hinblick auf das Momentum als auch eine konstante Wertespanne zwischen 0 und 100 gegeben. Die Formeln zur Berechnung lauten dabei wie folgt:

Berechnung der Relativen Stärke (RS):
Durchschnitt der Schlusskurse von x Tagen mit steigenden Kursen
-------------------------------------------------------------------------------------------
Durchschnitt der Schlusskurse von x Tagen mit fallenden Kursen



Berechnung des Relativen Stärke Index (RSI):
RSI = 100 - (100 / 1 + RS)

Wie wird der RSI angewendet?

Skalierung des RSI-Indikators

Da nun die Herkunft und die Berechnung des RSI aufgezeigt wurden, kann nachfolgend die Einordnung dieser Werte dargestellt werden. Der RSI wird auf einer senkrechten Skala von 0 bis 100 gezeichnet und ist besonders nützlich, um die Stärke eines aktuellen Trends zu beurteilen und Kursbewegungen für eine potenzielle Trendumkehr zu erkennen. Traditionell wird ein RSI-Wert über 70 als überkauft angesehen, was auf eine bevorstehende Abwärtsbewegung oder eine Trendumkehr hindeuten könnte und Verkaufssignale generieren kann. Ein RSI-Wert von unter 30 deutet hingegen auf eine überverkaufte Marktsituation hin, was ein potenzieller Hinweis auf eine folgende Aufwärtsbewegung ist und ein Zeichen dafür sein kann, dass der Tiefststand erreicht wurde – also ein potenziell bullisches Signal zum Kauf im Rahmen der eigenen Strategie bei entsprechender Bestätigung. Dieses Wissen lässt sich auch in der Praxis anwenden. Findet der Trader eine angehende Topbildung vor, kann bei entsprechendem Ausbruch der RSI als zusätzliche Bestätigung dienen, wenn dieser den Schwellenwert von 70 aus der überkauften Zone unterschreitet. Das Gleiche lässt sich auch auf eine Bodenbildung anwenden, welche  ein bullisches Signal zum Kauf liefern kann – nur eben mit dem Überschreiten des Schwellenwertes von 30 aus dem überverkauften Bereich.           
Es ist wichtig zu beachten, dass die traditionellen Schwellenwerte von 30 und 70 je nach Marktbedingungen angepasst werden können. Dies sollte vorher allerdings entsprechend getestet werden, um die jeweiligen Daten bestmöglich und zuverlässig anwenden zu können. In Zeiten von hoher Volatilität bzw. starken Trends können die Schwellenwerte auf 20 und 80 angepasst werden, um weniger, aber präzisere Signale zu generieren. So wird ebenfalls die entsprechende Marktsymmetrie des Wertes mit berücksichtigt:

Bullenmarkt/ Aufwärtstrend: Schwellenwerte bei 40 (überverkauft) und 80 (überkauft)
Bärenmarkt/ Abwärtstrend: Schwellenwerte bei 20 (überverkauft) und 60 (überkauft)

Auch kann es in solchen Marktphasen vorkommen, dass sich der Oszillator aufgrund des Kursverlaufs für längere Zeiten im überkauften/überverkauften Bereich befindet. Nur basierend auf dem Oszillator allein den Markt als überkauft oder überverkauft mit potenzieller Trendumkehr einzustufen und daraufhin Positionen zu liquidieren oder in die entgegengerichtete Richtung zu handeln ist jedoch nicht zielführend. Stattdessen sollte das große Ganze betrachtet werden und der RSI nur als Hilfsmittel im Rahmen der eignen Strategie dienen.

Des Weiteren lässt sich dem RSI-Indikator eine Art Trendlinie in Form eines gleitenden Durchschnitts hinzufügen. Diese zusätzliche Linie kann helfen, die Analyse der Perioden zu verbessern, in denen der RSI besonders aussagekräftig ist und bietet einen besseren Überblick über den Chart. Dadurch können Kaufsignale zuverlässiger identifiziert und potenzielle Umkehr-Punkte früher erkannt werden. Insbesondere in bullischen Marktphasen kann diese Methode dazu beitragen, die Einstellungen und Strategien zu optimieren und den Gewinn zu maximieren.

Anwendung mit Divergenzen

Eine weitere Anwendung des RSI ist die Identifizierung von sowohl bullischen als auch bärischen Divergenzen. Divergenzen entstehen, wenn der Preis eines Basiswerts in eine Richtung tendiert, während der RSI in die entgegengesetzte Richtung weist. Eine bullische Divergenz liegt dabei vor, wenn der Preis neue Tiefs erreicht, während der RSI höhere Tiefs bildet. Somit kann eine bullische Divergenz ein Hinweis darauf sein, dass der Abwärtstrend an Schwung verliert und der Tiefststand erreicht wurde. Eine bärische Divergenz tritt auf, wenn der Kurs neue Hochs erreicht, während der RSI tiefere Hochs ausbildet. Dementsprechend kann eine bärische Divergenz auf eine Abschwächung des Aufwärtstrends hindeuten.

Insgesamt kann die Divergenz ein frühes Signal für eine mögliche Umkehr des Trends sein. Trader nutzen solche Gegebenheiten oft, um ihre Trading-Strategien zu verfeinern. In verschiedenen Perioden kann die Beobachtung von Divergenzen zwischen RSI und Preis zu erfolgreichen Trades führen, wobei vor allem die Identifizierung von Trends hierbei eine wesentliche Rolle spielt, da sie die Richtung und Stärke des Marktes widerspiegeln.

Der RSI in der Praxis

Im hier dargestellten Praxisbeispiel anhand der Aktie bzw. des Wertpapiers des Unternehmens “Costco Wholesales” wird ersichtlich wie der Kurs entsprechend im überkauften und überverkauften Bereich reagiert. Dabei kann der RSI als Hilfsmittel für eine zusätzliche Bestätigung dienen, um attraktive Kaufsignale und Verkaufssignale zu erkennen, die entsprechende Preisbewegungen und ggf. Trendwechsel mit sich bringen.  

Ein wesentlicher Aspekt bei der Anwendung des RSI ist die Erkennung von Divergenzen zwischen dem Indikator und dem Aktienkurs, welche besonders in spezifischen Perioden, in denen der RSI wiederholt überkaufte oder überverkaufte Werte erreicht, von großer Bedeutung sind – eine potenzielle Umkehr könnte bevorstehen. Die Analyse von Trendlinien im Chart und der Trendlinien auf gleicher Ebene der x-Achse des RSIs kann zusätzliche Hinweise auf potenzielle Trendwechsel liefern. Solche Linien sind nützlich, um Fehlsignale zu vermeiden.

Den RSI Indikator bei TradingView einstellen

Wenn der RSI Indikator nun für die eigene Strategie als Hilfsmittel dienen und auf entsprechende Werte, wie zum Beispiel Aktien/ Wertpapiere angewendet werden soll, lässt sich dieser ganz einfach im Chart in TradingView anzeigen. Hierzu muss einfach nur das Indikatorfenster geöffnet und in die Suchleiste “Relative Strength Index” eingegeben werden:

Angezeigt wird dann in TradingView der “Relative Strength Index” Indikator direkt an erster Stelle. Durch das anklicken wird dieser dem Chart hinzugefügt und lässt sich anschließend hinsichtlich der eigenen Strategie noch einstellen.

Außerdem empfiehlt es sich die Anwendung des RSI auf einem Demokonto zu testen, bevor mit dem Handel mit Echtgeld begonnen wird. Die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Einstellungen und Strategien auf einem Demokonto ermöglicht es zudem die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Dabei kann das Demokonto dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit von Erfolgen zu erhöhen und Risiken zu minimieren, indem dort zuerst ein besseres Gespür für den Markt erreicht wird. Somit erfolgt eine effektive Vorbereitung, um dies im Rahmen von Swing-Trading oder Daytrading in die Praxis umzusetzen.

Fazit zum RSI

Insgesamt ist der RSI ein hilfreiches Werkzeug, um sich weitere Bestätigungen hinsichtlich der Kursbewegungen  im Chart für zum Beispiel Aktien bzw. Wertpapiere einzuholen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidungen nicht allein auf Basis des RSI getroffen werden, da dieser je nach Marktphase (bullisch, bärisch, neutral) auch über längere Zeiträume im überkauften oder überverkauften Bereich verharren kann. Allerdings eignet sich der Indikator gut um Fehlsignale zu vermeiden und potenzielle Trendwechsel und Preisbewegungen mit nachfolgenden entsprechenden Kursentwicklungen zu identifizieren. Grundsätzlich lässt sich der RSI auf viele Basiswerte und Vermögenswerte anwenden – da er allerdings zu den Oszillatoren gehört eignet er sich vor allem auf Märkten, die eine entsprechende Volatilität aufweisen. Somit kann der RSI in volatilen Märkten helfen, Handelsentscheidungen zu verbessern und potenzielle Gewinne zu maximieren.

Zusammengefasst bietet der RSI vielseitige Einsatzmöglichkeiten und kann, richtig angewendet, ein wertvolles Instrument in der Technischen Analyse sein, um die Ergebnisse zu verbessern und die Kursentwicklung von Basiswerten besser zu verstehen.

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Die Autoren haben diesen Beitrag nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, können die Richtigkeit der angegebenen Informationen und Daten aber nicht garantieren. Es findet keinerlei Anlageberatung durch „Chartsekte“, oder durch einen für „Chartsekte“ tätigen Autor statt. Dieser Beitrag soll eine journalistische Publikation darstellen und dient ausschließlich Informationszwecken. Die Informationen stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Börsengeschäfte sind mit erheblichen Risiken verbunden. Wer an den Finanz- und Rohstoffmärkten handelt, muss sich zunächst selbstständig mit den Risiken vertraut machen. Der Kunde handelt immer auf eigenes Risiko und eigene Gefahr. „Chartsekte“ und die für uns tätigen Autoren übernehmen keine Verantwortung für jegliche Konsequenzen und Verluste, die durch Verwendung unserer Informationen entstehen. Es kann zu Interessenkonflikten kommen, durch Käufe und einen darauffolgenden Profit durch eine positive Kursentwicklung von in Artikeln erwähnten Aktien oder anderen Werten. 

Mehr Infos unter: https://chartsekte.de/haftungsausschluss/

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